was ist nachsorge

WAS IST BDSM-NACHSORGE?

Dieser Artikel wurde von unserer Expertin für menschliche Sexualität, Dr. Laurie Mintz, im Juni 2023 wissenschaftlich auf seine Richtigkeit überprüft.

Wenn du neugierig darauf bist, BDSM mit deinem Partner oder deiner Partnerin zu erforschen, kann die Liste der Dinge, an die man denken sollte, endlos erscheinen. Es geht nicht einfach darum, sich auf eine bestimmte Art und Weise zu kleiden und den Partner oder die Partnerin zu fesseln. Ihr müsst beide besprechen, an welchen Fantasien ihr interessiert seid, harte und weiche Grenzen setzen, Safewords festlegen … und dann gibt es noch einen Schritt, an den viele nicht denken: die Nachsorge.

Auch wenn sie ‚nach‘ einer Session stattfindet, erfordert die Nachsorge vorausschauendes Denken und Gespräche. Aber worum handelt es sich dabei genau?

WAS IST BDSM-NACHSORGE?

Nachsorge ist ganz einfach die Zeit, die du und dein Partner oder deine Partnerin euch nach der Session nehmt, um euch zu erholen und euch um die emotionalen und körperlichen Bedürfnisse des anderen zu kümmern. Bestimmte Rollenspiele und Praktiken können sowohl körperlich als auch psychisch anstrengend sein, daher ist diese Zeit ideal, um sich zu entspannen und „in die Realität zurückzukehren”.

WARUM IST SIE NOTWENDIG?

Unsere Fantasien stimmen nicht unbedingt mit unserer Persönlichkeit im täglichen Leben überein. Auch wenn wir wollen, dass sich unser Partner wie eine fordernde Autoritätsperson kleidet, die uns bei kinky Spielchen erniedrigende Strafen auferlegt, wollen wir nicht, dass er uns während unserer normalen Beziehung so behandelt. Die Nachsorge dient als „Rekalibrierung” für die Normalität eurer Beziehung.

Auch die körperliche Belastung kann stark sein. Viele Menschen beschreiben das Gefühl unmittelbar nach einer Session (manchmal auch als „Sub-Drop” bezeichnet, obwohl es auch bei Doms/Tops vorkommt) als vergleichbar mit dem Zustand nach einer intensiven sportlichen Leistung. Der Endorphinrausch in Kombination mit der potenziellen körperlichen Anstrengung kann dazu führen, dass man sich schwach, müde oder benommen fühlt, und je nach Intensität der Session ist man möglicherweise auch etwas dehydriert.

ARTEN VON NACHSORGE

Die Nachsorge lässt sich im Allgemeinen in zwei Kategorien einteilen: körperliche und emotionale Nachsorge. Zur körperlichen Nachsorge gehören Dinge wie die Hilfe beim Entfernen von Utensilien (z. B. Fesseln oder Augenbinden), dem Partner oder der Partnerin etwas zu essen oder zu trinken zu geben (der Blutzuckerspiegel sollte im Auge behalten werden), eine Decke oder warme Kleidung zur Verfügung zu stellen, ein Körperteil zu küssen oder zu streicheln, vielleicht insbesondere den Bereich, der während des Spiels strapaziert wurde, oder Zuneigung und Komfort an einem ruhigen Ort zu spenden.

Eine intime Massage kann eine großartige Möglichkeit sein, dich wieder mit deinem Partner oder deiner Partnerin zu verbinden und gleichzeitig eine beruhigende Berührung zu schenken. Ein warmes Massageöl kann sowohl deine Muskeln als auch die Haut beruhigen, wenn ihr ein Impact Play hattet. Auch ein Bad oder eine Dusche ist wunderbar – und dient nicht nur der praktischen Reinigung, sondern ihr könnt zusammen eine intime und entspannende Zeit genießen!

Bei der psychischen oder emotionalen Nachsorge geht es darum, über die Session zu sprechen und darüber, wie ihr euch beide dabei gefühlt habt, was gut und was schlecht war. Das ist wichtig, damit ihr die Bedürfnisse und Erwartungen des jeweils anderen an das Spiel verstehen könnt. Du kannst deinem Partner oder deiner Partnerin auch versichern, dass seine oder ihre Vorlieben völlig in Ordnung sind, dass nichts, was er oder sie getan oder genossen hat, „krank” oder „pervers” ist. Wenn ihr verabredet, dieses Gespräch nach ein paar Tagen bewusst fortzuführen, werdet ihr euch bis dahin auch über eventuelle negative Gefühle im Klaren sein, die noch vorhanden sind, und es kann dazu beitragen, dass ihr euch auf das nächste Mal freut.

IST NACHSORGE FÜR JEDEN MENSCHEN WICHTIG?

Manche Menschen kommen auch ohne Nachsorge gut klar oder möchten lieber allein gelassen werden, statt zu küssen und zu kuscheln. Deshalb ist es wichtig, die Nachsorge zu klären, bevor ihr loslegt. Wenn ihr gerade erst anfangt, mit BDSM zu experimentieren, und euch nicht sicher seid, welche Art von Nachsorge ihr beide jeweils braucht, dient das Gespräch über eure Gefühle nach der Session als Ausgangspunkt für die Nachsorge, die ihr euch für zukünftige Erfahrungen wünscht.

Viele gehen außerdem davon aus, dass die Nachsorge ausschließlich Aufgabe des Dom gegenüber dem Sub ist, aber das stimmt einfach nicht. Jemand in einer dominanten Rolle kann den gleichen „Absturz” durch körperliche Anstrengung erleben wie ein Sub und sich ebenso nach emotionaler Verbundenheit sehnen, um die normalen, liebevollen und zärtlichen Rollen in der Beziehung wiederherzustellen.

Es gibt nicht den einen allgemeingültigen Weg für die Nachsorge. Die einzige wirkliche Richtschnur sind Offenheit, Akzeptanz und Aufmerksamkeit für die seelischen und körperlichen Bedürfnisse eures Partners oder eurer Partnerin, während ihr gleichzeitig dafür sorgt, dass auch eure eigenen Bedürfnisse erfüllt werden.